Aus dem Gerichtssaal
Kündigung und Widerruf Lebensversicherung: Der Bundesgerichtshof teilt erneut unsere Auffassung, nachdem der Prozess zuerst in zwei Instanzen wegen Verfristung abgewiesen wurde
Fakten:
Johann Georg B. hatte 2003 eine klassische Rentenversicherung bei der Standard Life abgeschlossen und im Laufe der folgenden acht Jahre, bei einem anfänglichem Beitrag von 100,00 Euro, der auf Wunsch des Kunden später auf 50,00 Euro reduziert wurde, insgesamt 8.350,00 Euro eingezahlt. 2011 wollte er seinen Vertrag nicht mehr fortführen, denn den in der jährlich zugesendeten Gewinnermittlung aufgeführten aktuellen Rückkaufswert in Höhe von 4.517.30 EUR empfand unserer Kunde als viel zu niedrig und übergab den Fall dem LV Doktor. Die Berechnung mit dem Rückkaufswert Rechner der ProConcept AG ergab auch einen weit höheren Wert der Police. Das Anwaltsnetzwerk kündigte den Vertrag und forderte für Johann Georg B. die Rückabwicklung der Police sowie eine angemessene Nachzahlung von der Versicherungsgesellschaft. Es folgte ein Klageweg durch vier Instanzen:
LG Kempten 2012 Klageabweisung wegen Fristüberschreitung: Ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt das Widerspruchsrecht.
OLG München 2012 Klageabweisung
Es wurde zwar festgestellt, dass die Behauptung des Klägers, er habe die Widerspruchsbelehrung nie bekommen, glaubhaft erscheint, weil er nur einen Ersatzversicherungsschein vorlegen konnte, dennoch wird an der Verfristung festgehalten.
BGH Urteil 2014 Das Urteil des OLG München wird aufgehoben. Der Widerruf ist begründet. Das Verfahren wird zur endgültigen Entscheidung an das OLG München zurückverwiesen.
Urteilsbegründung:
Entgegen der Revisionserwiderung hat der Versicherer den VN nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt. Die von der Beklagten ersatzweise vorgelegte Widerspruchsbelehrung genügt den Anforderungen des §5a nicht, weil sie den Fristbeginn nur an den Erhalt des Übersendungsschreibens, nicht aber auch an den Erhalt des Versicherungsscheins, der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation knüpft. Außerdem ist sie drucktechnisch nicht hervorgehoben.
Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch nicht verwirkt. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer hier schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er dem VN keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt hat.
Der Rückgewähranspruch umfasst nicht alle eingezahlten Prämien, der VN muss sich den genossenen Versicherungsschutz und einen Risikoanteil anrechnen lassen.
OLG München 2015 Verfügung: die eingezahlten Beiträge sind zurückzuzahlen. Ein Anspruch auf Zinsen besteht nicht wegen nicht ausreichenden Vortrags. Vergleichsvorschlag von 3.000,00 Euro
OLG München 2015 Beschluss: Ein Vergleichsangebot in Höhe von 2.500,00 Euro wird mit Einverständnis beider Parteien geschlossen.
Fazit:
Wenn ein Vergleich geschlossen wird, bedeutet es meistens, dass die Parteien sich irgendwo in der mittig der Forderungssumme einigen, um einen weiteren Gerichtsweg auszuschließen. In diesem Fall entschied sich unserer Kunde, den Vergleichsvorschlag von 2.500,00 Euro anzunehmen. Da jeder Kunde laut unseren AGB die letztendliche Entscheidung trifft, ob und wie lange ein Verfahren geführt wird, haben wir den Wunsch von Johann Georg B. bezüglich der Beendigung des Verfahrens selbstverständlich akzeptiert.
Dieses Prozess hat sich fünf Jahre durch vier Instanzen hingezogen, wie man hier unschwer erkennen kann, ist es oft ein langer und beschwerlicher Weg, zu seinem Recht zu kommen. Die Verluste, die unser Kunde 2010 in Kauf nehmen musste konnten aufgrund des Vergleichs zumindest um 2.500,00 Euro gemindert werden.
Kommentar schreiben
- News zeitlich sortieren:
- News der Jahre
- News thematisch sortieren:
- News anzeigen, die folgenden Begriff enthalten:
- Wenn Sie keine Informationen in den News gefunden haben, nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf: